Wie stehen Sie zu Waffenlieferungen nach Israel? Wie sollte die Bundesregierung eine Zunahme antisemitischer Übergriffe verhindern? Wie stehen Sie zur beabsichtigten Einladung Netanjahus?
Wir sind eine Gruppe politisch interessierter Frauen, die sich regelmäßig zu aktuellen Themen austauschen.
Wir sind zunehmend beunruhigt über die Haltung der Bundesregierung zum Geschehen in Israel, dass mit dem Ziel die Hamas zu zerschlagen ein ganzes Volk vertrieben und vernichtet wird, die Siedlungspolitik brutal weitergeführt und kritische Stimmen und NGOs im Land bedroht und verfolgt werden. Die deutsche Staatsräson in Bezug auf den Staat Israel kann nicht bedeuten, eine rechtsradikale Regierung zu unterstützen und mit Waffen zu beliefern.
Auch in Deutschland werden kritisch-solidarische Stimmen zur Situation der Menschen in Gaza und der Westbank unterdrückt und behindert, obwohl unsere Verfassung das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert. Wenn einer kritischen Auseinandersetzung kein Raum geboten wird, dann fürchten wir eine weitere Zunahme antisemitischer Angriffe in Deutschland.
Es erschüttert uns, dass Friedrich Merz Ministerpräsident Netanjahu einladen möchte.
Sehr geehrte Frau W.,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Sicherheit Israels gehört zur deutschen Staatsräson – das bedeutet: Deutschland trägt eine besondere Verantwortung für das Existenzrecht und die Sicherheit des jüdischen Staates, als Konsequenz aus der Shoah und als Ausdruck unseres Selbstverständnisses als demokratischer Rechtsstaat. In diesem Lichte betrachte ich aufgeworfene Fragen.
Dabei gilt: Antisemitismus – in welcher Form auch immer – ist eine Bedrohung für unser demokratisches Gemeinwesen. Er darf niemals relativiert werden. Die Bundesregierung ist hier gefordert, durch präventive Bildungsarbeit, konsequente Strafverfolgung und klare politische Haltung allen Formen von Judenfeindlichkeit entgegenzutreten.
Unsere Demokratie bietet auch den Raum, das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung zu benennen, auch öffentlich. Meinungsfreiheit bedeutet, dass Kritik – wenn sie sachlich, menschenrechtsbasiert und nicht antisemitisch ist – ihren legitimen Platz hat. Politisches Mitgefühl darf nicht in Antisemitismus umschlagen – und Solidarität darf nicht auf Kosten von Menschlichkeit gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Metin Hakverdi